»Susan sagt …«

Lifestyle-Kolumne aus der Mitte des Lebens – von Susan Bäthge

Von der Muse geküsst

2. Mai 2021

Urlaub auf Mallorca trotz Corona-Regeln? //

Es sind diese klitzekleinen Momente der Glückseligkeit, die Großes bewirken und die Inspiration entfachen. Wenn die schreiend pinkfarbene Bourgainvillea nach dem prasselnden Regen noch intensiver ihre Blütenkraft entfaltet, die schäumenden Wellen des tosenden Ozeans beim Strandspaziergang bis zu den Knien hoch spritzen und am weiten Horizont der orangefarbene Sonnenball genüsslich im Meer versinkt. Hier scheint die Welt in diesem Moment in Ordnung zu sein, denn an der Playa de Palma kreuzt scheinbar kein Stück Plastik meinen Spaziergang und die Fischchen springen vergnügt an die Wasseroberfläche.

Ja, ich habe mich im entschieden, auf die liebste Urlaubsinsel der Deutschen zu fliegen, zum Schreiben. Und um Vitamin D zu tanken, Immunsystem und Kieferknochen mit Sonnenenergie zu stärken für eine bevorstehende Zahn OP. Eines der am heißesten diskutierten Themen dieser Pandemie scheint die deutsche Gesellschaft im Frühjahr zu spalten: Darf ich oder darf ich nicht nach Mallorca reisen, obwohl die Inzidenz hier unter 30 liegt und seit Mitte März die Reisewarnung aufgehoben wurde?

Plötzlich kommt man in Erklärungsnot, muss seinen Sonnentrip rechtfertigen. Und auch der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten nach einem Video auf Instagram, mit Verweis auf unseren aktuellen Podcast „Corona-Update aus Mallorca“: https://esmusseinfachraus.podigee.io/73-esmusseinfachraus-73

Für mich bedeutet die Baleareninsel vor allem ENT-SCHLEU-NI-GUNG! Die Uhren ticken langsamer, mañana (morgen) und tranquillo (langsam) stehen für ein entspannteres Leben – das waren übrigens die ersten zwei Worte, die ich damals lernen durfte. Zwei Jahre verbrachte ich in den Neunziger Jahren auf Mallorca … und es ist noch immer ein nach Hause kommen.

2021, nach eineinhalb Jahren Inselabstinenz, fühlt es sich anders an. Die Pandemie ist auch hier überall spürbar, aber das Leben findet draußen statt, mit Abstand und Maske. Ausnahmen: AM Strand und IM Wasser. Gott sei Dank!
Es ist gespenstisch ruhig an den Stränden, 16 Grad Wassertemperatur klingen nicht für jedermann verlockend. Mir tut die Abkühlung tut, der Strandspaziergang an der windigen Playa de Palma ist ein wunderbarer Ausgleich zum Alltagstrott daheim in Berlin. Freunde schrieben diesmal unisono: „Genieße die Tage – wir gönnen dir den Sonnentrip aus vollem Herzen!“
Kaum gelandet, werde ich mit den ersten Fragen bombardiert: Und – wie ist die Stimmung? Es gelingt mir, das Gute zu sehen, und das noch immer Befremdliche – bedeckte Gesichter – anzunehmen. Und trotzdem die Menschen anzulächeln. Das können wir auch mit den Augen tun. Ein Zitat von Buddha schwirrt mir durch den Kopf: Lächle und die Welt verändert sich! Es kann so einfach sein…

Da auch hier die Sorge vor einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen hoch ist, gelten für Touristen strenge Vorschriften. Bei der Einreise muss ich einen negativen PCR-Test vorlegen, vor der Rückreise einen Antigen-Test. Die Kosten von insgesamt 80 Euro schmälern die Reisekasse. Das haben rund 40.000 deutsche Urlauber bereits Ostern in Kauf genommen für eine kleine Auszeit vom allgemeinen Wahnsinn.

Ferien machen in Pandemiezeiten schürt Neid und Unverständnis, gönnen können ist nicht jedermanns beste Eigenschaft. „Ich finde das unverantwortlich und unsolidarisch gegenüber denen, die sich wegen Corona den Allerwertesten aufreißen, z.B medizinisches Personal“, schreibt mir ein User. Was genau er unsolidarisch finde, hake ich nach. „Urlaube können die Coronazahlen drastisch erhöhen“, antwortet er. Bei einer Inzidenz von 23?

Die Einhaltung der Regelungen wird streng überwacht, die Polizei ist omnipräsent. Shopping mit Maske wird zum Ritual. Selbst auf Strandpromenaden patrouilliert die policía – strenger als in Berlin. Lieblingsläden mussten schließen und werden wohl nie wieder öffnen. Das macht traurig. Große Modeketten überleben, kleine Boutiquen für Individualisten nicht.

Ich entscheide mich dafür, meinen Cortado in einer mini Caféteria in Palma zu bestellen. Und am Abend beim süßen Vietnamesen einen Ort weiter zu ordern. Ein freundliches Lächeln des jungen Mannes auf der Vespa, der eine Stunde später das rote Tofu-Curry bringt, gibt es gratis dazu! Die großen Restaurants sind überbevölkert – sie werden diese weltweite Krise vermutlich meistern. Ich bevorzugte schon damals die kleinen unscheinbaren Strandbars mit den Sonnensegeln über dem Tresen. Wo der café con leche 100 Pesetas kostete – rund 60 Cent. Und wo die Welt noch in Ordnung schien.

Es war eine gute Idee, ein paar Tage in die Sonne zu fliegen. Natürlich fühle ich mit den Medizinern und Pflegekräften, die seit einem Jahr im Dauereinsatz sind. Und mit all den anderen, die die Pandemie so hart getroffen hat. Wir alle müssen so gut es geht für uns sorgen, denn Gesundheit ist unser höchstes Gut. Und ich konnte auftanken, denn auch ich habe einen 83-jährigen Vater, der nach Aufmerksamkeit und Nähe schreit.

Die Tage am Strand und im Mittelmeer sind heilender Balsam für Körper, Geist und Seele. Im warmen Puderzuckersand sitzen, die sanften Wellen und die sich darin schlängelnden Fische beobachten, das Pieksen von Salz auf der Haut spüren.  Salzwasser ist ein wahres Wunderwerk!

Und solange es geht, sollten wir alle die Wunder der Erde für uns nutzen und bestmöglich für uns sorgen.

Hasta pronto, Mallorca!

Susan Bäthge - Kolumnistin, Moderatorin, Autorin

Hier schreibe ich über das, was mich bewegt, was mir wichtig ist, was mich berührt. All das, was mir im Alltag als Frau, Autorin und Moderatorin begegnet.