»Susan sagt …«

Lifestyle-Kolumne aus der Mitte des Lebens – von Susan Bäthge

Strand auf Sylt

Der Sprung ins eiskalte Wasser

5. August 2020

Ein Vierteljahrhundert selbständig //

Für ein Buchprojekt recherchierte ich wochenlang in einem Kölner Puff und lernte im Gespräch die Welt der Domina kennen. Noch heute kichere ich über manch eine Story, bin aber gleichzeitig betroffen von manch einem Schicksal.

Für eine Reportage überwand ich meine Hochachtung vor Helikoptern – und erlebte im Tiefflug die Schönheit des Korallenriffs vor Mauritius. Und später die Mächtigkeit des Grand Canyons beim Sonnenaufgangsflug durch die schmalen Schluchten des Bergmassivs.

Bei einer geführten Skitour durch die Zillertaler Alpen wagte ich mit meinen Carvern den Ritt ins Abseits der Piste und glitt zitternd aber genüsslich durch meterhohen Pulverschnee, #glücksgefühl.

So viele Erlebnisse, für die ich so unendlich dankbar bin. „Geben Sie ihr ein Mikrofon, stellen Sie sie in den Wald und sie wird eine Geschichte erzählen, selbst wenn nichts passiert!“ sagte einmal mein Chefredakteur. Ich bin davon überzeugt, dass immer etwas geschieht, was eine Story wert ist. Und wenn sich Menschen öffnen, entstehen oft magische Momente.

31 Jahre bin ich nun medial unterwegs, davon 25 in Selbständigkeit, die ich 1995 bewusst gewählt und mich damit auf eine unbekannte Reise eingelassen hatte. Manchmal kommt es mir vor als sei es gestern gewesen wie alles begonnen hatte…

1989 – im Jahr des Mauerfalls – bin ich zum ersten Mal gesprungen. Da begann meine berufliche Laufbahn beim privaten Radiosender Hundert,6 in Berlin. Von der Praktikantin zur Volontärin zur Redakteurin zur Redaktionsleiterin Film/Fernsehen – und vom ersten Moment spürte ich: Hier bin ich genau richtig! Unser Chefredakteur schmiss mich directement ins kalte Wasser. Ins eiskalte. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Überleben und bleiben oder versagen und gehen. Ich blieb.

Es war der 15. Mai 1989, mein allererster Arbeitstag. Gerade erholt und krückenfrei nach einem Skiunfall im Januar, wurde ich in einen Ü-Wagen gesetzt und durfte um 11 Uhr vom Internationalen Ärztekongress im ICC berichten – mit einem Live-Aufsager in die Nachrichten.

Erst um 10 Uhr hatte der Kongress begonnen.

Im Saal 1 saßen 4000 Fachjournalisten aus aller Welt. Und ich kam zu spät. Öffnete beschwingt die Flügeltüren, ging schnurstracks zu einem der Sitze, brachte das Mikrophon zum Leuchten und erhob selbstbewusst meine Stimme: „Excuse me Ladies and Gentlemen, I am a radio reporter and my mission is to get an interview with one of you on the podium. Now! Can you please come out to our broadcast truck?“ Hurra, ich wurde erhört. Fünf Minuten später stand einer der Chefärzte am Ü-Wagen.

Interview geführt, abgehört, drei wichtige Sätze rausgeschnitten. Punkt 11 Uhr eine Minute live. Das englische Wort dabei direkt ins Deutsche übersetzt. Der Techniker staunte. „Da hast du wohl die Feuertaufe bestanden!“

Beim Radio konnte ich ganz ich sein: Neugierig und an allem und jedem interessiert, dazu eine unbändige Leidenschaft fürs Schreiben und Reden, Recherchieren und Interviewen. Und – das einst schnellste Medium entsprach genau meiner Lebendigkeit und Grundenergie.

Dazu meine große Liebe zum Deutschen Schlager – jeden Tag HERZBEBEN! Die Stars meiner Kindheit treffen zu dürfen, war eine große Freude und Ehre. Howie und Roland, Udo und Marianne. Sie alle haben Spuren hinterlassen.

Nach sechs spannenden Jahren beim erfolgreichsten Radiosender Berlin-Brandenburgs zog es mich ins Ausland, weil mich das Fernweh packte. 2 Jahre Mallorca, 6 Monate USA. Viel gelernt. Viel gesehen. Und immer wieder einen Weg gefunden in dieser manchmal unberechenbaren Medienwelt.

Ich sage immer: Tu das, was du wirklich liebst, was dich beflügelt und berührt. Und du musst keinen Tag arbeiten!

Susan Bäthge - Kolumnistin, Moderatorin, Autorin

Hier schreibe ich über das, was mich bewegt, was mir wichtig ist, was mich berührt. All das, was mir im Alltag als Frau, Autorin und Moderatorin begegnet.